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Afghanistan

Familiennachzug

Familiennachzug ist nach deutschem Recht grundsätzlich nur möglich für den Nachzug

  • zum Ehegatten oder
  • zwischen Eltern und minderjährigen Kindern

Für alle anderen Familienangehörigen, also die Eltern von erwachsenen afghanischen Staatsangehörigen, Geschwister, Onkel, Tanten usw., ist ein Familiennachzug grundsätzlich nicht möglich. Es gibt zwar im Gesetz eine Härtefallregelung für sonstige Familienangehörige, § 36 Abs. 2 AufenthG, aber diese wurde bisher ausgesprochen restriktiv gehandhabt, so dass bislang diesbezüglich kaum eine realistische Chance bestand.

Zwar hat der Deutsche Anwaltverein1 von der Bundesregierung gefordert, dass die Regelung von § 36 Abs. 2 AufenthG für afghanische Angehörige wegen der aktuellen Lage großzügig gehandhabt werden sollte, aber es gibt bislang seitens der zuständigen deutschen Behörden bzw. der Bundesregierung keine Reaktion darauf.

Härtefallregelung gem. § 22 S. 2 AufenthG

Außerdem gibt es noch eine weitere Härtefallregelung, § 22 S. 2 AufenthG, für Menschen, die sich in einer dringenden humanitären Notlage befinden. Diese Notlage muss sich von anderen Menschen in vergleichbarer Situation unterscheiden. Außerdem müssen die Betreffenden Familienangehörige in Deutschland oder einen anderen Bezug zu Deutschland haben. Ausführliche Informationen dazu gibt es hier.

Ein entsprechender Antrag ist per E-Mail beim Auswärtigen Amt zu stellen (siehe letzter Link). Meines Erachtens befinden sich alle zurzeit besonders gefährdeten Personen, wie Frauenrechtlerinnen, Journalist:innen, Jurist:innen und andere in einer solchen dringenden humanitären Notlage. Der Deutsche Anwaltverein fordert, dass § 22 AufenthG großzügig ausgelegt werden sollte.

Afghanische Ortskräfte und ihre Angehörigen

Für Ortskräfte hat es am 25.08.2021 eine positive Entscheidung vom Verwaltungsgericht Berlin gegeben, die folgendes besagt:

  • Ortskräfte können auch dann ein Visum (gem. § 22 AufenthG) bekommen, wenn sie ihre Tätigkeit als Ortskraft schon vor einiger Zeit beendet haben. Sie müssten aber zumindest bis 2013 tätig gewesen sein.
  • Auch deren Angehörige, sogar Kinder, die älter als 18 Jahre alt sind, können ein solches Visum bekommen.
  • Die Botschaft bzw. das Auswärtige Amt haben kein Ermessen, sondern müssen die Visa erteilen.

Es stellt sich die Frage, wie Betroffene, die sich aktuell in Afghanistan aufhalten, an ein solches Visum kommen können. Tatsache ist:

  • Es muss ein Visum beantragt werden. Das muss aktuell bei der Deutschen Botschaft in Islamabad, Neu-Dehli oder Teheran geschehen.
  • Die üblichen Voraussetzungen müssen nach aktuellem Stand erfüllt werden – dazu gehört insbesondere auch ein gültiger Reisepass.

Der DAV 1 fordert, dass hierauf verzichtet werden sollte. 

Asyl, Flüchtlingsanerkennung, subsidiärer Schutz

Für Menschen, die in Deutschland Asyl (bzw. Flüchtlingsanerkennung oder subsidiären Schutz) bekommen könnten, gibt es kein Visum. Flüchtlinge müssen sich selbst auf den Weg machen und können einen Asylantrag erst stellen, wenn sie Deutschland erreicht haben. Das gilt auch für Familienangehörige, die nicht unter die obengenannten Regelungen fallen.

Und sonst ? Gibt es noch irgendeine andere Möglichkeit ?

Nun, im Prinzip ja, und zwar sogenannte Bundes- und Landesaufnahmeprogramme. Das hat es früher mal (zum Teil auch heute noch) für Syrer gegeben und könnte jetzt auch für afghanische Staatsangehörige kommen. Dazu ist es jedoch erforderlich, dass Deutschland bzw. die deutschen Bundesländer ein solches Aufnahmeprogramm beschließen. Baden-Württemberg hat bereits Druck beim Bundeskanzleramt gemacht, um ein entsprechendes Aufnahmeprogramm auf den Weg zu bringen. Auch der DAV 1 hat gefordert, dass ein Aufnahmeprogramm (gem. § 23 AufenthG) errichtet wird. Bis  dato ist  das noch nicht beschlossen worden, aber ich gehe davon aus, dass es kommen wird.

Gibt es eine kurzfristige Lösung ?

Wie ich hier dargestellt habe, gibt es für einige Betroffene die Möglichkeit, ein Visum zu beantragen. Das bedeutet, dass ein Antrag bei einer Deutschen Botschaft gestellt werden muss (abgesehen von der Möglichkeit nach § 22 AufenthG mit Antragstellung beim Auswärtigen Amt, siehe oben). Zunächst muss ein Termin bei der Botschaft vereinbart werden, um den Antrag überhaupt stellen zu können. Danach schliesst sich das eigentliche Visumverfahren an. Beide Abschnitte sind bei den Botschaften Islamabad, Neu-Dehli und Teheran bisher sehr langwierig gewesen (Informationen dazu auf der jeweiligen Homepage der Botschaft). Der DAV 1 fordert, dass bei den Botschaften das Personal aufgestockt werden soll. Nach derzeitigem Stand der Dinge muss man aber noch viel Zeit für ein Visumverfahren einplanen, so dasss eine kurzfristige Lösung aktuell leider nicht zur Verfügung steht.

Sobald ich weitere Informationen habe, werde ich sie an dieser Stelle veröffentlichen.

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1 Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 18.08.2021 

2 VG Berlin, Beschl. v. 25.08.2021, Az.:10 L 285/21