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EuGH: Flüchtlingsanerkennung für Frauen

Der Europäische Gerichtshof hat eine wichtige Entscheidung1 getroffen.

Er hat entschieden, dass Frauen, die im Herkunftsland von physischer oder psychischer Gewalt betroffen sind, wie häuslicher oder sexueller Gewalt oder drohender Zwangsverheiratung, und deswegen einen Asylantrag gestellt haben, die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutz erhalten können. Für die Auslegung der Anerkennungs-Richtlinie (2011/95) ist die Istanbul-Konvention heranzuziehen. Damit wird Gewalt gegen Frauen als Verfolgungsgrund und Frauen als „soziale Gruppe“ im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG anerkannt. Das war bisher in der Rechtsprechung der deutschen Gerichte nicht so eindeutig.

Sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, können betroffene Frauen auch dann Anspruch auf subsidiären Schutz haben, wenn ihnen von einem Angehörigen ihrer Familie oder ihrer Gemeinschaft tatsächlich angedroht wird, wegen eines angenommenen Verstoßes gegen kulturelle, religiöse oder traditionelle Normen getötet zu werden oder andere Gewalttaten zu erleiden.

Für den Schutz von geflüchteten und von Gewalt bedrohten Frauen bedeutet das Urteil des EuGH einen wichtigen Fortschritt.

Nachtrag vom 22.05.2024 

Türkei: 

Im Falle einer Mandantin von mir hat das Verwaltungsgericht Dresden einer türkischen Frau die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen, die sich in Deutschland von Ihrem Ehemann trennte, einen neuen Partner hat, und aufgrund dessen von der Familie in der Türkei mit dem Tode bedroht wird. Das Gericht stellte fest, dass der türkische Staat nicht in der Lage ist, betroffenen Frauen angemessenen Schutz zu gewähren.2 

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EuGH, Urteil vom 16.01.2024, C-621/21

VG Dresden, Urt. v. 08.05.2024, 3 K 482/23.A